HMS-Einsatz in Gambia Februar / März 2015

Beatrice Tillmann

Am Abend des 25.März 2015 lande ich pünktlich in Banjul. Das Wetter ist angenehm warm, die Prozedur am Zoll, wie immer chaotisch und anstrengend. Bernd und Isha aus unserer Partner vor Ort, empfangen mich herzlich, ich werde mit einem feinen Abendessen verwöhnt und bin schon bald im Bett. Es ist wie wenn ich gar nicht so lange weggewesen wäre, fast wie ein nach Hause kommen.

Am folgenden Tag geht’s schon los. Es ist Consultation Day in Sanyang, einem Dorf zirka 15 Minuten Autofahrt entfernt von unserer kleinen Schule. Die drei ausgebildeten HomöopathInnen fahren jeden Donnerstag dort hin um die Einwohner des Dorfes homöopathisch zu behandeln. Als wir um 10 Uhr ankommen sitzen schon an die dreissig Personen vor dem Behandlungszimmer und warten.

Zuerst wird der ganze Raum und jedes Möbel gereinigt und desinfiziert. Die Studierenden des aktuellen Lehrgangs sind in die Consultationdays eingebunden. Sie nehmen vorgängig die Namen der PatientInnen auf und suchen die Patientendateien heraus, was nicht so einfach ist, weil viele den gleichen Namen haben. Sie setzen sich auch neben den/die behandelnden HomöopathIn um zuzuhören, eigene Ideen einzubringen, Rubriken zu suchen, Erfahrungen zu sammeln.

Alle arbeiten sehr professionell und verantwortungsbewusst. Für mich gibt es hier nicht viel zu tun ausser ihnen einige Tipps zur Einordnung der Patientendateien zu geben.

Die Schultage sind kurzweilig und spannend. Die sechs Studierenden haben sich seit dem letzten Jahr als ich sie zuletzt sah, sehr verändert. Sie stellen viele Fragen, haben nicht mehr das Gefühl sie verlieren ihr Gesicht dabei, können über ihre Fehler lachen und zu ihnen stehen und sind richtig motiviert. Sie diskutieren viel.

Unser Thema in der ersten Woche ist das Arzneimittel Colocynthis und die „Fallaufnahme“. Bei der Erläuterung über die Erfragung des „vollständigen Symptoms“ entsteht eine grosse Diskussion darüber, ob ein Begleitsymptom nicht auch die Hauptbeschwerde sein könnte und wie man das herausfinden kann.

Am Ende der Woche mache ich einen kleinen Test um abzuwägen, wie weit sie das Thema verstanden haben. Ich musste merken, dass es sich als schwierig erweist ihnen beizubringen was der Unterschied zwischen Allgemein- und Lokal-Symptomen ist. Das Verständnis für diese Ebenen ist für die Einheimischen ein anders als unseres. Damit sie die richtigen Rubriken im Repertorium finden können, müssen sie jedoch unser Verständnis dafür erlernen. Das ist ein Knackpunkt an dem ich mir die Zähne ausbeisse um es ihnen beizubringen. Der Kulturunterschied zeigt sich bei diesem Thema deutlich. Die Schwerpunkte in der zweiten Woche sind China officinalis und „Theorie der Repertorisation.“ Wir arbeiten uns durch den Aufbau und die verschiedenen Kapitel des Kent Repertoriums und machen Repertorisations-Übungen dazu. Sie können sehr schnell repertorisieren, schneller als wir mit dem Computer. Wie schon erwähnt, ist es für sie jedoch schwierig die Symptome auf die richtige Ebene zu bringen.

Die Studenten bekommen zudem Anatomie-, Physiologie- und Pathologieunterricht sowie Pflanzenheilkunde. Beide Fächer unterrichtet Mr. Colley, ein junger, einheimischer Pflanzenheilkundler der in Moskau Medizin studiert hat. Mit ihm machen die Klasse und ich eine Exkursion in den Busch. Er zeigt uns verschiedenste Heilpflanzen, meist Büsche und Bäume. Fast jede Pflanze wird für irgendetwas gebraucht, hauptsächlich die Wurzeln und die Rinden. Es ist faszinierend zu beobachten, wie Mr. Colley mitten im Nirgendwo voraussagt welche Heilpflanze wir als nächstens erkunden würden und dann zielstrebig vorausging um uns zu dieser Pflanze zu führen. Ich wäre dort verloren gewesen…

In der Zeit in der ich nicht mit Unterricht beschäftigt bin, gibt es allerlei zu erledigen. Die drei ausgebildeten HomöopathInnen behandeln in Batokunku jeden Tag PatientInnen. Die Anzahl der Patientendateien, nimmt ein Ausmass an das gut organisiert werden will. Wir erstellen Excell–Tabellen um die Daten, Erstanamnesen, Follow ups etc. zu erfassen. Die HomöopathInnen bekommen eine kleine Weiterbildung wie man mit diesen Excel–Tabellen arbeitet, sie abspeichert und auf einem Stick sichert, als Anhang per Email an die Projektleiterin Gabrielle Barben schickt usw…

Ich versuche ausserdem herauszufinden, wo wir in einem einigermassen gut erreichbaren Laden regelmässig Desinfektionsmittel auftreiben könnten. Es ist ziemlich Zeitaufwändig für das was dabei rausgekommen ist. Das ganze Land scheint ausverkauft zu sein, oder es gibt es einfach nicht. In einem Supermarkt in der Touristenzone von Senegambia finde ich drei Flaschen. Das ist alles…

Der Aufenthalt neigt sich dem Ende zu. Am Dienstag werde ich einen Test über die „Theorie der Repertorisation“ durchführen und noch einmal die beiden Mittel durchgehen. Am Mittwoch 18.3.15 am Morgen den Test besprechen, Themen die sie nicht verstanden haben erläutern, packen und nach Hause fliegen. Es war wieder einmal sehr bereichernd in allen Belangen. Sich drei Wochen in die Theorien der Homöopathie zu versenken, darüber nachzudenken, sie in einem neuen Licht zu sehen und in englischer Sprache zu diskutieren, war eine willkommene Auffrischung die bestimmt in meinem Praxisalltag seine Auswirkung haben wird. Die Begegnung mit der Gambischen Bevölkerung als Studenten, Patienten oder den Menschen denen ich sonst im Alltag begegne, ist immer wieder spannend.

Dadurch dass ich bei Isha Fofana und Bernd wohne, lerne ich Einheimische aus verschiedenen Schichten kennen. Von den Gärtnerinnen auf dem Nachbarsgrundstück über Künstler des Landes zu Handwerkern, Bürgermeistern und Botschaftsabgeordneten, vom einfachen Volk bis zu den hohen Vertretern dieses Landes. Ihre Lebensweise und die Umstände mit denen sie umgehen müssen sind sehr eindrücklich und ich kann nur davon profitieren.