Khula Natural Health Centre, Kwazulu-Natal, Südafrika

Ausgangslage

Obwohl der Zugang zu medizinischer Versorgung in Südafrika als grundlegendes Menschenrecht angesehen wird, so ist das System stark unterfinanziert und entsprechend fehlen die Ressourcen, vor allem in den ländlichen Gegenden. Auch in der Provinz KwaZulu-Natal kann die medizinische Grundversorgung vom Staat, aufgrund der fehlenden Infrastruktur und der fehlenden personellen Ressourcen, nicht gewährleistet werden. Angesichts des Fachkräftemangels spielen Fachkräfte aus verwandten und komplementären Gesundheitsberufen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der medizinischen Grundversorgung. Komplementärmedizinische Gesundheitszentren können dazu beitragen, die Belastung der medizinischen Grundversorgung im Land zu verringern. Die WHO empfiehlt die Einbeziehung komplementärer und traditioneller Medizinsysteme als einen erschwinglichen und kulturell akzeptablen Weg zur Erreichung einer universellen Gesundheitsversorgung.

In Khula Village, im ländlichen KwaZulu-Natal (auch Zululand genannt) in Südafrika, leben ca. 20’000 Erwachsene und ca. 23’000 Kinder. Mit den umliegenden Bezirken dem Umkhanyakude District ergibt sich ein Einzugsgebiet von weit mehr als 200’000 Einwohnern. In dieser Gegend leben sehr viele AIDS-Waisenkinder und alleinlebende Grosseltern. Der Grund dafür ist, dass die Generation dazwischen, die sich üblicherweise um diese beiden Altersgruppen kümmert, mehrheitlich bereits an AIDS verstorben oder auf Arbeitssuche in die Grossstädte gezogen ist. Laut Schätzungen sind ca. 26% der Bevölkerung in Kwazulu-Natal HIV-positiv, wobei die Arbeitslosigkeit in Khula Village bei ca. 50% liegt. KwaZulu-Natal ist die Provinz mit der höchsten HIV-Rate in Südafrika und weist sogar weltweit eine der höchsten Raten auf. 80% der Patienten des KNHC sind direkt oder indirekt von einer HIV-Erkrankung betroffen.

Das Khula Natural Health Centre

Im Rahmen der Förderung und Verbesserung der primären Gesundheitsversorgung in Südafrika wurde 2017 die erste Homöopathie Klinik in Khula eröffnet, die als Khula Natural Health Centre (KNHC) bekannt ist.
Der Grossteil der Patientinnen und Patienten sind Frauen und Kinder. Sämtliche akuten und chronischen Pathologien werden in der Klinik homöopathisch behandelt, darunter unter anderem rheumatische Beschwerden, Hypertonie, Tuberkulose, Diabetes, neurologische Beschwerden, HIV mit Komplikationen, Epilepsie, diverse Hautausschläge und akute Entzündungen, Wunden, Traumata, parasitärer Befall, u.v.m. Im Sinne einer integralen Gesundheitsversorgung ist dem Team dabei die intensive Zusammenarbeit mit der staatlichen Klinik und dem Regierungsspital äusserst wichtig.

Seit der Eröffnung des KNHC im April 2017 wurden über 26’000 Patient:innen behandelt. Zu Beginn war das KNHC jeweils eine Woche pro Monat geöffnet, seit Juli 2019 wurde der Betrieb, aufgrund der überaus hohen Nachfrage auch aus benachbarten Gebieten, auf jeweils zwei Wochen pro Monat aufgestockt, also 24 Woche p.a. Seit Januar 2022 ist das KNHC 30 Wochen im Jahr geöffnet. Ziel ist es, durch genügend finanzielle Mittel einen Vollzeitbetrieb anbieten zu können, um die dringend benötigten Konsultationen und Behandlungen durchführen zu können.

Mitarbeitende
Das Team vor Ort setzt sich wie folgt zusammen

  • 5 südafrikanische homöopathische Ärztinnen und Ärzte
  • 3 – 4 Homöopathie Student:innen aus Südafrika
  • 1 Klinikkoordinatorin
  • 1 HIV / Aids-Beraterin & Community-Vertreterin
  • 7 Übersetzerinnen aus Khula Village
  • 1 Psychologin/Sozialarbeiterin (ehrenamtliche Tätigkeit)
  • 2 Reinigungspersone
  • 1 Hauswart / Techniker / Gärtner

Die Übersetzerinnen sind dringend notwendig, da die meisten Patient:innen nur isiZulu und kein Englisch sprechen.
Die Wichtigkeit und die Wirkung des Khula Natural Health Centres in Südafrika sind unumstritten. Auch die Regierung sich bewusst, welche wichtige ergänzende Versorgung in dieser sonst vernachlässigten Region die Klinik leistet und eine engere Zusammenarbeit wird angestrebt.

Ziel
Langfristiges Ziel ist es, dass das KNHC als Regierungsklinik anerkannt und von der Regierung Südafrikas mindestens teilfinanziert wird. Erfahrungsgemäss dauern diese Anerkennung und die Ausarbeitung einer solchen Zusammenarbeit einige Zeit. Mit einer solchen Entwicklung könnte das Modell des KNHC als «best-practice» multipliziert und auf ähnliche, ländliche Gegenden übertragen werden. Somit könnten mehr Menschen einen dringend nötigen Zugang zu guter medizinischer Versorgung erlangen und das öffentliche Gesundheitssystem würde dadurch erheblich ergänzt und entlastet. Bis dahin ist es unumgänglich, dass der Klinikbetrieb durch Spenden finanziert und aufrechterhalten wird.

Angebot

Ausbildung
In Zusammenarbeit mit der Universität Johannesburg und Durban University of Technology bietet das KNHC seit längerer Zeit gute Praktikumsplätze bzw. gute Hospitationsmöglichkeiten an, für südafrikanische Studierende und Interns in Homöopathie sowie auch für in der Schweiz angehende oder bereits tätige Homöopath:innen. Das KNHC zeichnet sich durch eine gute Infrastruktur und ausgezeichnete schulmedizinische und homöopathische Lernmöglichkeiten aus. Die Regierung Südafrikas hat aus diesem Grund das KNHC als offizielle «Training and Internship Site» anerkannt. Dadurch, dass auch zahlreiche Patient:innen mit ernsthaften Krankheiten die Klinik aufsuchen, erhalten die Studierenden und Interns einen sehr guten Einblick in die Behandlung schwerer Pathologien. Seit Juni 2019 besuchen im Bereich der Homöopathie Praktizierende und Studierende aus der Schweizer das KNHC als wertvolle Lernmöglichkeit und hospitieren bei den südafrikanischen Homöopathie Ärzten während den Konsultationen. Diese Hospitationen und Praktika werden in der Schweiz offiziell als Weiterbildungsstunden anerkannt.

Nicht nur das medizinische Personal profitiert vom KNHC: Gut ausgebildete junge Menschen aus der Gegend stehen vor einer grossen Herausforderung, wenn es darum geht, einen Arbeitsplatz zu finden. Deshalb bietet das KNHC 11 jungen Frauen und einem Mann aus Khula Village, die in der Übersetzung, grundlegender Patientenversorgung, Administration, Computerkenntnissen, Reinigung und Technik geschult und weitergebildet wurden, eine feste Anstellung.

Psychosoziale Unterstützung und Beratung
Viele Patient:innen des KNHC, vor allem Frauen und junge Erwachsene, sind dankbar für die kostenlosen psychosozialen Beratungsgespräche, die von einer qualifizierten Sozialarbeiterin und Psychologin, Thembelihle Zulu, regelmässig angeboten werden. Frau Zulu stammt aus der Gegend und spricht isiZulu, was für die Menschen, die sich beraten lassen wollen, sehr wichtig ist, da sie sich in ihrer Muttersprache frei ausdrücken können. Sie fühlen sich respektiert und verstanden, da Frau Zulu auch mit den kulturellen Normen der Region bestens vertraut ist. Die meisten Beratungen sind wegen Alkohol- und Drogenmissbrauchs sowie wegen politischer und häuslicher Gewalt, insbesondere Vergewaltigung. Südafrika ist das Land mit der höchsten Vergewaltigungsrate weltweit.

Heilpflanzenanbau
Homöopathische Mittel sind grösstenteils pflanzlichen Ursprungs. Im Rahmen eines nachhaltigen Ansatzes ist es der Khula Foundation ein grosses Anliegen, die lokale Bevölkerung in die Projekte einzubeziehen und ihnen wichtige Aspekte zu vermitteln. Hierzu zählt beispielsweise auch der Anbau von diversen Heilpflanzen zur eigenen, kostengünstigen Herstellung der homöopathischen Mittel zum Eigengebrauch. Mit diesem Projekt können nicht nur Heilmittel günstiger hergestellt werden und somit die Kosten eingedämmt werden, sondern können erneut Arbeitsstellen für Personen aus Khula Village geschaffen werden, um der grossen Arbeitslosigkeit ein weiteres Stück entgegenzuwirken.

Wirksamkeit

Dank des KNHC wird die medizinische Grundversorgung in der Region nachhaltig verbessert. Die Patient:innen erhalten von den südafrikanischen homöopathischen Ärzten gute medizinische Untersuchungen und Behandlungen und die homöopathischen Heilmittel werden komplementär zur Schulmedizin eingesetzt. Da Homöopathie keine Nebenwirkungen hat, kann sie sicher bei schwangeren Frauen, Babys und Kleinkindern, wie auch bei älteren Personen angewendet werden. Erfahrungswerte der bisherigen Tätigkeit zeigen, dass es den meisten Patient:innen, ob akut oder chronisch krank, nach der homöopathischen Zusatzbehandlung viel besser geht. Dies wurde durch die externe Evaluation bestätigt. Kinder und Jugendliche konnten die Schule wieder besuchen oder ihrer Ausbildung nachgehen. Die behandelten Personen fühlen sich wieder fit und gesund genug, um sich vermehrt um Kinder und ältere Angehörige zu kümmern. So kann zum Beispiel bei HIV-Patient:innen mittels einer homöopathischen Behandlung das Immunsystem gestärkt werden, so dass Begleitsymptome verschwinden und die Betroffenen wieder kräftiger und somit arbeitsfähig werden. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen dem Khula Natural Health Centre und der staatlichen Klinik, unterstützt durch den örtlichen Zulu-Chef, kann das Zentrum die umliegenden Institutionen entlasten und ergänzen und den Patientinnen und Patienten damit unter Umständen einen lebensrettenden Mehrwert bringen. Doch nicht nur in der medizinischen Versorgung ist das KNHC ein Mehrwert, auch die lokale Wirtschaft profitiert stark durch den Betrieb der Gesundheitszentrums.

Homöopathie

Homöopathie ist eine Behandlungsmethode der Komplementärmedizin und ganzheitlich orientiert. Als ganzheitliche Medizin wirkt Homöopathie, wenn die Ursachen und nicht deren Folgen behandelt werden sollen. Sie ermöglicht es, viele Erkrankungen zu heilen. Wie bereits weiter oben erwähnt, empfiehlt die WHO in Gegenden wie Südafrika eine Ergänzung des schulmedizinischen Gesundheitswesens mit Komplementärmedizin, also beispielsweise Homöopathie.
Homöopathie ist in Indien so bekannt wie an kaum einem anderen Ort der Welt. Mit starken Ähnlichkeiten zu Südafrika in Bezug auf seine ländlichen Gemeinschaften, der weitverbreiteten Einkommensungleichheit und seines Gesundheitssystems, hat Indien Homöopathie und traditionelle Medizin erfolgreich in sein nationales Gesundheitssystem integriert. Gemäss Angaben der indischen Regierung benutzen etwa 10% der indischen Bevölkerung (mehr als 100 Millionen Menschen) ausschliesslich Homöopathie für die primäre Gesundheitsversorgung. Dank diesem Ansatz hat es das Land geschafft, den von der WHO empfohlenen Richtwert «Arzt zu Patient 1:1000» zu erlangen. Basierend auf den Erfahrungen aus Indien und den ersten Betriebsjahren des KNHC kann gesagt werden, dass ein ähnlicher Ansatz mittels der Homöopathie die Probleme im südafrikanischen Gesundheitssystem mindern kann und wird.
Dies macht die Homöopathie zu einer effektiven und erschwinglichen Ergänzung der medizinischen Grundversorgung in Südafrika.

Partnerschaften

Universität Johannesburg & Durban University of Technology
Homöopathie ist in Südafrika staatlich anerkannt und reguliert. Das Homöopathie-Studium in Südafrika dauert sechs Jahre (12 Semester) und ist einem Medizinstudium gleichgestellt.
KNHC ist von der südafrikanischen Regierung offiziell als «Training und Internship Site» anerkannt. KNHC hat deshalb auch eine offizielle Ausbildungs- und Lehrkooperation mit den Universitäten Johannesburg und Durban aufgebaut und arbeitet eng mit den staatlichen Gesundheitsbehörden zusammen.
Die Universitäten senden wöchentlich zwei bis drei Student:innen nach Khula, wo sie wertvolle klinische und homöopathische Erfahrungen sammeln. Die Studierenden im 11. und 12. Semester führen selbstständig Anamnesen und Untersuchungen durch. Anschliessend werden die Fälle zusammen mit dem homöopathischen Arzt oder Aerztin zur Evaluation des Behandlungsvorgehens besprochen.
Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Durban University of Technology DUT, nahm im April 2022 Kontakt mit dem KNHC auf, um eine Zusammenarbeit auch für andere Studiengänge neben der Homöopathie zu prüfen, wie Chiropraktik, öffentliches Gesundheitswesen, Krankenpflege, Zahnmedizin, Radiologie und Somatologie. Der Dekan und der Vizedekan besuchten die KNHC im April 2022, und es besteht ein starkes gegenseitiges Interesse an der Ausweitung der Zusammenarbeit.

Regierungskliniken
Die Khula Foundation arbeitet eng mit den Regierungskliniken, Somkhele und Sipho Zungo, zusammen, um mit den begrenzten Mitteln, die den Kliniken zur Verfügung stehen, die maximale Wirkung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung zu erzielen.

Nicoliene Potgieter Steiner &  Manuel Steiner