Mein zweiter Einsatz in Gambia, November 2019

Annette Sartori (Juni 2020)

Diesmal war ich gerüstet: Ich bin extra etwas später im Jahr geflogen und habe Mineraltabletten und besonders leichte Kleidung mitgenommen, um die unglaubliche Hitze in dieser Jahreszeit zu überstehen. Die erste Woche jedoch, konnte ich nur ertragen, indem ich mich nachts mit einem nassen Bettlaken zudeckte, was durch die Verdunstung etwas Kühlung brachte. Aber die komfortable Unterbringung im Lodge «Mama Africa» mit seinem paradiesischen Garten, den vielen Vögeln und Schattenplätzen haben die Eingewöhnung leicht gemacht.

Nach ausgiebiger und freudiger Begrüßung von Seiten unserer Studierenden, habe ich in der ersten Woche den schon in Deutschland vorbereiteten Unterricht gehalten und sie auf die bevorstehende Prüfung vorbereitet. Dazu habe ich mich mit der gambischen Projektleiterin und Mr. Colley abgesprochen, damit wir uns die Unterrichtszeit gut aufteilen. Mr. Colley unterrichtet unsere angehenden HomöopathInnen 2-3x die Woche zu den Themen Anatomie, Physiologie, Pathologie und Phytotherapie. Während unserer Abwesenheit lernen unsere Studierenden nämlich in sogenannten «Self-Studies», d.h. sie eignen sich den homöopathischen Lernstoff anhand von schriftlichen Unterlagen selbst an. Jetzt, wo ich vor Ort war, konnte ich viele Unklarheiten aus dem Weg räumen und bestimmte Themen «life» vermitteln.

Während ich in unserem etwas stickigen Unterrichtssaal voller Elan die verschiedenen homöopathischen Arzneimittelbilder darstelle und erkläre, läuft mir in Strömen der Schweiß den Rücken und das Gesicht hinunter, während den Studierenden vom Zuhören die Schweißperlen im Gesicht stehen.

In der zweiten Woche bin ich mit der Erstellung der Prüfung, dem Unterrichten und der Supervision der angehenden HömopathInnen während der Mobile Clinic beschäftigt. Mittlerweile, nach gut 1,5 Jahren Ausbildung, ist unsere Studentengruppe nämlich soweit, ihr erlerntes Wissen praktisch anzuwenden. Daher fahren sie 1-2x pro Woche mit zu den organisierten Mobile Clinics. Über staubige Straßen, vorbei an grasenden Eseln und spielenden Kindern fahren wir bis zu einem entlegenen Dorf, wo bereits mehrere Patienten unter einem Vordach warten. In kleinen Gruppen, unter Anleitung und Supervision von bereits ausgebildeten HomöopathInnen, dürfen sie Patienten sehen und Anamnesetechnik und Repertorisation üben. Noch etwas schüchtern und unsicher stellen die Studierenden ihre Fragen und versuchen anhand der gewonnenen Informationen eine Arzneimittelwahl zu treffen. Ich helfe dabei, die Anamnese zu erweitern, die Fragen in die richtige Richtung zu lenken und mache sie auf wichtige Details des jeweiligen Falles aufmerksam. So finden wir gemeinsam das passende Arzneimittel und arbeiten solange, bis alle Patienten behandelt wurden. Waren die Studenten auf der Hinfahrt noch lustig und gesprächig, so sind sie jetzt, auf der Rückfahrt, still und müde, aber zufrieden.

An einem der Wochenenden habe ich meine erste afrikanische Hochzeit erleben dürfen, es war ein unvergessliches Erlebnis. Die Braut, wunderschön, ganz in weiß, mit meterlanger Schleppe und gefolgt von 12 pfefferminz-und rosafarbenen Brautjungfern und Brautjünglingen, wurde von ihrem Vater hereingeführt. Am Altar wartete der Bräutigam mit goldenen Schulterpolstern und Schuhspitzen. Lifemusik, Tanz und Trommeln, ein Gospelchor, viel Gesang, Gebet und die Sermone, von eigens aus den USA eingeflogenen Pastoren, haben für entsprechende Stimmung gesorgt. Neben den einheimischen Frauen mit riesigen Hüten, glitzernden, engen Kleidern, viel Schminke und falschen Wimpern, war ich in meinem einfachen Kleid natürlich hoffnungslos underdressed. Zum Abschluss der Zeremonie hat das Brautpaar noch einen Tanz in der Kirche aufs Parkett gelegt und dann durften alle Gäste ihre Spenden an das Brautpaar in einen vorbereiteten Hut legen. Es war ein aufregender und bunter Nachmittag!

Während des Unterrichts

Während meiner letzten Woche kam unsere Projektleiterin GB aus der Schweiz dazu, sodass wir im Team arbeiten und unterrichten konnten, was uns immer sehr viel Spaß macht. Durch Rollenspiele und kleine Sketche haben wir den Unterricht aufgelockert und dafür gesorgt, dass der erlernte Stoff sich gut verankert.

Nebenbei haben wir noch eine große Umräum-und Aufräumaktion durchgeführt. Alle Arzneimittel sollten neu sortiert, katalogisiert und aufbewahrt werden, damit in den Behandlungsräumen mehr Platz entsteht und wir einen besseren Überblick über unsere Vorräte bekommen. Bis zu meiner Abreise hatten wir noch nicht alles bewältigt, aber Gabrielle konnte in der ihr verbleibenden Zeit, mit Hilfe von Isha und Alhagie die restliche Umorganisation beenden.

Nun steuern wir auf das letzte Ausbildungsjahr dieses Jahrgangs zu und hoffen, dass, trotz Corona, Ende dieses Jahres, möglichst alle unsere Studierenden die große Abschlussprüfung schaffen!